Direkt zum Inhalt

About

Jüdischer Salon im Grünen Salon

Ein Berliner Jüdischer Salon

Mitten in der Pandemie beschlossen wir, Marion Kollbach und Sonia Simmenauer, als erprobte Salonièren diese alte und auch sehr jüdische Tradition in Berlin wieder aufzunehmen.

Im Jahr 2007 riefen wir in Hamburg gemeinsam und mit anderen den Jüdischen Salon am Grindel im Café Leonar ins Leben, der sich großer Beliebtheit im ehemaligen jüdischen Viertel erfreut und sich international einen Namen gemacht hat. 2022 wurde dem Jüdischen Salon am Grindel der erste Ehrenamtspreis für Jüdisches Leben in Deutschland zugesprochen.
Sonia Simmenauer, bereits seit 2009 in Berlin, gab nach zehn Jahren den Vorsitz ab. Marion Kollbach, bis 2020 im Vorstand und für unzählige Veranstaltungen verantwortlich, lebt seit Sommer 2021 ebenfalls in Berlin. Wie damals, nur heute aus ganz anderen Gründen, ruft die Zeit nach Salons und so erschien es uns fast natürlich, unsere zwölfjährigen Erfahrungen in ein neues Salonformat mit einem neuen thematischen Ansatz in Berlin einzubringen.

Im krisenhaften Heute wollen wir mit unserem Salon Menschen versammeln, ihnen in einem geschützten Raum - von den sozialen Medien fern - ein Forum bieten und eine Atmosphäre schaffen, in der sie sich persönlich und mit ihrem Wissen einbringen können, und in der sich das Gespräch entfalten kann.
Hier soll jenseits von Ohnmacht und Vorurteil die Unübersichtlichkeit und Vielfältigkeit von Realität und Vorstellung zu Wort kommen und aus diversen Perspektiven beleuchtet werden. Hier sollen die eigenen Fragen auf die Fragen anderer treffen, Neugierde sich mit Austausch paaren.

Die Themen unseres Salons haben aktuelle gesellschaftliche Relevanz, sie sind ein Spiegel der Gesellschaft. Unser Ansatz ist: Wie lebt es sich als Jüdin und Jude im 21. Jahrhundert? Die letzten Zeitzeug:innen der Shoa verlassen uns, mit ihnen das lebendige Gedächtnis? Wir, die zweite Generation, haben das Trauma noch in warmen Händen von unseren Großeltern und Eltern erhalten. Mit dem Tod der letzten Zeug:innen der Shoah verschwindet das direkte Erzählen und das direkte Schweigen. Wie entwickelt und definiert sich das Jüdin und Jude sein, wenn das unmittelbare familiäre Umfeld mit Bezug zur Shoah verschwindet? Es breitet sich eine große Trauer aus, spürbar, aber vielleicht noch nicht wirklich fassbar.
Für die nächsten Generationen heißt es, das Shoah-Gedenken, die Lehren aus dem Zivilisationsbruch in ihre Zeit zu übersetzen. Wie kann/wird das Erinnern in neuen Geschichtserzählungen sich verändern? Wie reiht sich die Shoah neu unter die anderen Kapitel der so langen jüdischen Geschichte, die von Reichtum an Kultur, Philosophie, Lebensart und einer Fülle von religiösen Traditionen erzählen? Z.B. das Wiederentdecken des Yiddishen als lebendige Sprache, die fast verschwunden war?

Wie divers können jüdische Identitäten heute sein? Justament in dem einst von seinen Juden leergefegten Deutschland und insbesondere Berlin leben inzwischen Jüdinnen und Juden vielfältigster Herkunft und wollen hier ihre jüdische Kultur mit all ihren Facetten selbstbewusst leben. Sie suchen nach ihrem eigenen, biografisch verschiedenen Jüdisch sein und neuen Allianzen mit anderen Minderheiten, oder wie die Autorin Sasha Salzmann, versuchen sie, aus der für sie vorgesehenen Rolle in Deutschland auszubrechen, sich aus dem Dreieck: Shoah, Antisemitismus und Nahostkonflikt zu lösen.

Ein Salon erscheint uns als der tradierte Raum, um Geschichten zu erzählen und zu hören, um zu fragen, um die Vielfältigkeit jüdischer Existenzen und jüdischen Denkens im 21. Jahrhundert zu erleben und zu diskutieren.


 

Partner*innen

Der Jüdischer Salon im Grünen Salon ist ein Projekt der Salonièren Marion Kollbach & Sonia Simmenauer und der Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus – KIgA e.V.. Er wird gefördert von der Alfred Landecker Foundation und der Berliner Sparkasse.

Marion Kollbach ist seit 1990 als freie Filmemacherin und Autorin tätig.

Studium der Theater, Film- und Fernsehwissenschaften, Germanistik und Kunstgeschichte in Köln und Berlin. Hörspiele und Feature für verschiedene deutsche Radiosender. Materialverlag: „Aus meinem Leben will ich mal eben erzählen“. Dokumentarfilme über Literatur und Kunst. 

Im Vorstand des Jüdischen Salons am Grindel bis 2020. Lebt in Berlin.

Die Kulturmanagerin, Publizistin und Impresaria Sonia Simmenauer wurde in den USA geboren, wuchs jedoch in Paris auf. 1989 gründete sie die Künstleragentur Impresariat Simmenauer in Hamburg und seit 2009 in Berlin.

Neben ihrer hauptberuflichen Arbeit verfolgt sie eine umfangreiche Lehrtätigkeit. 2010 wurde Sonia Simmenauer zur Honorarprofessorin an der Musikhochschule in Hamburg, im Bereich Musikvermittlung berufen.

2008 erschien ihr in den Feuilletons gefeiertes Buch „Muss es sein“ beim Berenberg-Verlag, in dem sie einen facettenreichen Einblick in das Leben professioneller Quartettformationen gewährt. Eine Neu- und erweiterte Auflage erschien im März 2021.

2008 eröffnete sie das jüdische Café Leonar samt Jüdischen Salon im Hamburger Grindelviertel, dessen Vorsitzende sie bis 2019 war.